Amerikas letzter Genrefilmer
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Das Schlüsselerlebnis
Ich hatte zwar zuvor schon Die Klapperschlange
(Escape
from New York oder kurz EFNY) gesehen, aber es war Das Ding aus
einer anderen Welt (The Thing), welches mich zum John Carpenter
Fan konvertierten.
Es begann im Dezember 1982 während einer
Mitternachtspreview im Passage Kino, Hamburg. Der Saal war gefüllt
mit vergnügten Zuschauern. Keiner ahnte, was einen in den nächsten
109 Minuten erwarten würde. Zu jener Zeit konnten Filme einen noch
überraschen. Die Universal Studios hatten es wirklich geschafft, daß
das Monster ein großes Geheimnis blieb. Im heutigen Internet-Zeitalter
fast ein Ding der Unmöglichkeit. Die grotesken Geschöpfe, einer
pervertierten Phantasie trafen die unvorbereiteten Kinogänger wie
ein Hammer. Ich krallte meine Finger in die Kinolehne als Norris sich in
das Monster verwandelte, sein Torso aufriß und eine Reihe Haifischzähne
dem armen Doktor Copper die Arme abbiß. Man konnte richtig sehen,
wie seine Stumpen zappelten und er schreiend zu Boden ging. Aus der offenen
Bauchdecke schoß eine Ausgeburt der Hölle mit Tentakeln, Schleim
und riesigen Zähnen. Damit nicht genug. Dann wand sich Norris Kopf
kreischend vom Hals, eine zähe Spur grünen Schleim hinter sich
ziehend. Spinnenbeine brachen hervor und "kopfüber" krabbelte die
Abnormität davon. Im Kino war es totenstill. Man hätte den Fall
einer Stecknadel hören können. Nach der Vorstellung verließ
jeder schweißgebadet und wortlos den Saal. Ich war völlig begeistert!
Natürlich wäre es völlig falsch,
Das
Ding nur auf diese Schock-Sequenzen zu reduzieren. Der Film, bzw. John
Carpenter's Werk im allgemeinen ist vielschichtiger, als nur Splatter-Szenen.
Aber es waren nun mal diese Effekte, die mich als Anfang 19-jähriger
aus den Sessel gehauen haben.
Der John Carpenter / Kurt Russell Fan-Club
Einige Tage später, nachdem ich Das Ding gesehen
hatte, trat ich dem John Carpenter / Kurt Russell Fan-Club bei.
Die Anzeige hatte ich in einer Bestelliste entdeckt. Der Fanclub hatte
sich im Juli '82 gegründet mit Schwerpunkt auf EFNY. Es dauerte
eine ganze Weile, ehe im Sommer '83 das erste Fanzine TRACER erschien.
Inhaltlich war es recht gut, aber die Aufmachung war dilettantisch (auch
für damalige Verhältnisse) und die Fotokopien saumäßig.
Oktober '83 traf ich Sabine Thaler, die Herausgeberin des Fanzines,
während der Jedi-Con in Frankfurt (Deutschlands erste, große
Star Wars Convention!). Dort teilte sie mir mit, daß die 2. Ausgabe
bereits die Letzte sein wird und bot mir die Clubleitung an. Da ich schon
immer mein eigenes Heft verlegen wollte und das Comic Fanzine, an dem ich
mitarbeitete gerade eingestellt war, nahm ich das Angebot an.
Ursprünglich plante ich den Club groß
aufzuziehen. Doch von dem Gedanken kam ich schnell ab. Der Aufwand und
die Kosten wären immens gewesen. Zeit und Geld waren ein kostbares
Gut, vom dem ich damals nur sehr begrenzt verfügte.
Die Vorbereitungen meines ersten Fanzines fielen
mitten in die "heiße Phase" meines Abiturs. Doch dank engagierter
Mitarbeit der Mitglieder, konnte das TRACER #3 relativ schnell im
April '84 erscheinen. Inhaltlich war das Heft ganz auf CHRISTINE und
SILKWOOD
ausgerichtet, welche gerade in den Kinos angelaufen waren. Der glückliche
Umstand, daß ich mich in die Pressevorstellung von CHRISTINE
schmuggeln konnte, half mir sehr bei der Gestaltung des Heftes. Ein Schulfreund
hatte den rot-weißen Plymouth Fury Hardtop Modell 1958 vor einer
Garage stehen sehen und mich angerufen. Ich raste gleich los, um das Unfassbare
selber zu sehen. Und da stand Sie! Ehrfürchtig schlich ich um den
Wagen herum und berührte vorsichtig das kalte Blech. Ein Blick ins
Innere war ernüchternd und offenbarte den schäbigen Zustand des
Oldtimers. Nachdem mein Verstand wieder klar zu denken anfing, folgerte
ich, daß Christines Anwesenheit nur einen Grund haben konnte - eine
Pressevorstellung! So fand ich mich also am Abend im Kinosaal des Streit's
wieder, das Kino in Hamburg, in dem zu jener Zeit fast alle Pressevorstellungen
liefen. Der Plymouth parkte vor dem Foyer und keiner kontrollierte die
Einladungen. Das wird i.d.R.. nur bei "großen" Premieren gemacht.
Nach der Vorstellung gab es noch die übliche Rangelei um die Pressehefte
und -fotos. Ich strahlte über alle Backen! Triumphierend machte ich
mich auf dem Heimweg. Es erschien mir ratsam, noch etwas Schlaf abzubekommen,
da am folgenden Tag die Abiklausur des 3. Prüfungsfaches anstand.
Den Club übernahm ich in einer ziemlich schwierigen
Phase meines Lebens. In der Schule mußte ich um jeden Punkt kämpfen,
um mein Abi zu bestehen. Ich hatte so die Schnauze voll vom Lernen, daß
ich Abstand nahm Kunst oder Grafik Design zu studieren. Eine etablierte
Zeichnerszene wie heute, gab es nicht. Wir waren alles Einzelkämpfer.
Desillusioniert und nicht so recht wissend, mit mir etwas anzufangen, driftete
ich im Leben umher und fand mich erst einmal in der bizarren Männerwelt
der Bundeswehr wieder. Das war auch nicht der Hit.
Meine uralte, gußeiserne, schwarze Continental
Schreibmaschine ging kaputt. Damit es voran ging, tippte ich nach Dienstschluß
im Schreibsaal der Stabsrekruten, um die 4. Ausgabe fertig zu stellen.
Die Seiten des TRACERS waren überwiegend gefüllt mit Übersetzungen
aus amerikanischen Magazinen, wie Starlog, Fangoria oder Cinefantastique,
sowie diversen Presseberichten und PR-Material. Ich muß ein weiteres
mal betonen, daß das vor dem Computer- und Internet-Zeitalter war.
Video hatte sich erst als neues Medium etabliert. Kabelfernsehen gab es
noch nicht. Amerikanische Fachmagazine waren meine einzigen Informationsquellen,
die ich teuer und als Import beziehen mußte. Deutsche SF-Magazine
verschwanden meist nach wenigen Ausgaben wieder von der Bildfläche
und ein organisiertes Fandom begann sich gerade erst zu bilden. Ohne großspurig
klingen zu wollen, aber wir Pioniere waren sozusagen die Wegbereiter des
heutigen Merchandising-Overkills!
Der Club existierte zu einer Zeit, als John Carpenter
in der Öffentlichkeit durch finanzielle Flops und leider auch durch
manche kreative Enttäuschung, vom Kult-Regisseur zum gescheiterten
Wunderknaben degenerierte. Das Ding war brillant, aber ein Riesenflop.
Christine
war eher eine Notlösung, nachdem sein Firestarter Projekt gescheitert
war. Starman ist ein "schöner", aber weitgehend "untypischer"
Carpenter Film und Big Trouble in Little China ist in jeder Hinsicht
finanziell und kreative ein Reinfall. Da ist es natürlich schwer,
einen Fan-Club am Leben zu erhalten.
Im Mai '87 mit der #8 stellte legte ich den Club
auf Eis und stellte das TRACER ein. Der JC/KR FC hat nicht das Fandom
revolutioniert, aber unter den etwa 20 Mitgliedern waren einige talentierte
und engagierte Leute, die trotz aller Mängel und unserer aller Unerfahrenheit
ein gutes Fanzine machten, zu dem ich auch nach 15 Jahren noch stehe!
Der Filmemacher und Genreregisseur
Viel wurde über John Carpenter und seine Filme
geschrieben. Daher will ich mich hier (erstmal) nicht weiter mit seinem
Werk beschäftigen. Wer mehr über den Regisseur erfahren möchte,
den kann ich folgende Literatur empfehlen:
Suspense Schock Terror - John Carpenter und
seine Filme von Frank Schnelle
Verlag Robert Fischer + Uwe Wiedleroither, 1991
ISBN 3-924098-04-2
Hollywoods Untoter - Das bissige Comeback von
John Carpenter
Steady Cam #37 (das beste, deutschsprachige
Filmmagazin!)
Frühjahr 1999
Cinefantastique Vol 10/1 1980
Cinefantastique Vol 13/2, 13/3 1982
US SF-Filmmagazin
Oder schaut bei der offiziellen
John Caperter Site vorbei. Da findet ihr viele Informationen,
Film- & Soundclips, etc.
Zu einem späteren Zeitpunkt mag ich auch
meine Betrachtungsweise über John Carpenter zu Papier bringen
bzw. digitalisieren, aber nicht jetzt.
Ich bin natürlich jederzeit am Erwerb
von John Carpenter Material interessiert, insbesondere US-Onesheets, Lobbycards
& PR-Material.
John Carpenter Retrospektive 2016
3 Clips und 13 Fotos aus dem Troxy, London, 31. Oktober & 1. November 2016
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